BGH zur VOB/B Vergütungsanspruch bei geänderten Bauzeitenplänen
Am 19. September 2024 hat der Bundesgerichtshof (BGH) ein bedeutendes Urteil im Baurecht gefällt (Az. VII ZR 10/24), das die Rechte von Auftragnehmern bei Bauzeitverzögerungen neu definiert. Konkret entschied der BGH, dass die Übermittlung eines geänderten Bauzeitenplans durch den Auftraggeber keine Anordnung im Sinne des § 2 Abs. 5 der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) darstellt.
Hintergrund des Urteils
Im vorliegenden Fall beauftragte ein öffentlicher Auftraggeber ein Unternehmen mit Elektroinstallationsarbeiten, wobei die VOB/B Vertragsbestandteil war. Aufgrund fehlender Ausführungsplanungen und unvollständiger Vorleistungen kam es zu mehrfachen Behinderungen, die der Auftragnehmer anzeigte. Infolgedessen wurden die Bauzeitenpläne mehrfach angepasst und verlängert. Nach Abschluss der Arbeiten machte der Auftragnehmer zusätzliche Kosten in Höhe von über 56.000 Euro geltend, die durch die Bauzeitverlängerung entstanden waren. Der Auftraggeber lehnte die Zahlung ab, woraufhin der Fall vor Gericht ging.
Entscheidung des BGH
Der BGH stellte klar, dass die bloße Übermittlung eines geänderten Bauzeitenplans keine Anordnung im Sinne des § 2 Abs. 5 VOB/B darstellt. Eine solche Anordnung würde eine ausdrückliche Willenserklärung des Auftraggebers erfordern, die hier nicht vorlag. Zudem führte der BGH aus, dass die Verschiebung des Bauablaufs allein keine Verletzung einer vertraglichen Pflicht des Auftraggebers darstellt, sondern vielmehr in dessen Koordinierungsaufgabe gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 VOB/B fällt.
Praktische Auswirkungen für Auftragnehmer
Dieses Urteil hat erhebliche Konsequenzen für Auftragnehmer:
• Kein automatischer Vergütungsanspruch bei Bauzeitverlängerung: Die Anpassung des Bauzeitenplans durch den Auftraggeber führt nicht automatisch zu einem Anspruch auf Mehrvergütung. Auftragnehmer sollten daher bei Verzögerungen genau prüfen, ob eine ausdrückliche Anordnung vorliegt, die einen Vergütungsanspruch begründen könnte.
• Notwendigkeit detaillierter Behinderungsanzeigen: Um Ansprüche geltend zu machen, müssen Auftragnehmer Behinderungen detailliert anzeigen und dokumentieren. Es ist essenziell, den ursächlichen Zusammenhang zwischen der Behinderung und einer möglichen Pflichtverletzung des Auftraggebers nachzuweisen.
• Prüfung alternativer Anspruchsgrundlagen: In Fällen, in denen keine Anordnung vorliegt, sollten Auftragnehmer prüfen, ob andere Anspruchsgrundlagen, wie etwa ein Entschädigungsanspruch gemäß § 642 BGB wegen Annahmeverzugs des Auftraggebers, in Betracht kommen.
Fazit
Das Urteil des BGH verdeutlicht die Bedeutung einer klaren Kommunikation und Dokumentation zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer. Auftragnehmer sollten bei Bauzeitverzögerungen sorgfältig prüfen, ob die Voraussetzungen für Vergütungs- oder Entschädigungsansprüche erfüllt sind, und entsprechende Nachweise erbringen. Eine proaktive und präzise Vorgehensweise kann helfen, rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden und berechtigte Ansprüche erfolgreich durchzusetzen.