Chancen und Risiken bei Fortbildungen Fortbildungsvereinbarung mit Rückzahlungsverpflichtung
Rückzahlungsvereinbarungen für Fortbildungen
Arbeitgeber sind auf qualifizierte und regelmäßig fortgebildete Arbeitnehmer angewiesen. Arbeitnehmer nutzen die Chance, über den Arbeitgeber Fortbildungen zu besuchen. Dies erhöht die Attraktivität des Arbeitnehmers für den Arbeitsmarkt und seine Verdienstchancen. Leider werden die dazu gehörigen Risiken leicht übersehen.
Fortbildungen finden regelmäßig parallel zum Arbeitsverhältnis statt und müssen finanziert werden. Viele Arbeitnehmer haben nicht die finanziellen Mittel und können es sich nicht leisten, sich für eine Fortbildung von der Arbeit freistellen zu lassen. Daher finden die Fortbildungen oftmals neben der normalen Arbeit statt und der Arbeitgeber übernimmt die Kosten für die Fortbildung. Daneben werden Mitarbeiter von der Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt, um diese Maßnahmen wahrzunehmen.
Als Gegenleistung verspricht der Arbeitnehmer, die Fortbildungskosten zurückzuzahlen, sollte er nach der Fortbildung nicht für eine gewisse, vorher festgelegte Zeit (Bindungsfrist) beim Arbeitgeber beschäftigt bleiben. Entsprechende Vereinbarungen stellen Allgemeine Geschäftsbedingungen dar. Sie sind generell zulässig, da sie in der Regel keine unangemessene Benachteiligung der Arbeitnehmer darstellen.
Unzulässig sind Rückzahlungsvereinbarungen, die den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen. Ob eine entsprechende Benachteiligung vorliegt, ist gerichtlich überprüfbar. Hierbei sind die widerstreitenden Interessen der Arbeitsvertragsparteien zu berücksichtigen. Der Arbeitgeber hat Interesse daran, den fortgebildeten Arbeitnehmer möglichst lange an sich zu binden und der vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidende Arbeitnehmer hat Interesse daran, die Kostenlast für sich gering zu halten.
Voraussetzungen des Anspruchs auf Rückzahlung
1. Geldwerter Vorteil auf Seiten des Arbeitnehmers
Die in Anspruch genommene Fortbildung muss für den Arbeitnehmer einen geldwerten Vorteil darstellen. Dieser geldwerte Vorteil liegt in der Regel darin, dass der Arbeitnehmer eine Fort- oder Ausbildung erhält, die ihm berufliche Möglichkeiten eröffnet, welche ihm vorher verschlossen waren. Eine Kostenbeteiligung des Arbeitnehmers scheidet aus, wenn diese Fortbildung lediglich für den Betrieb von Nutzen ist.
2. Bindungsdauer
Die Bindungsdauer ist die Zeit, welche der Arbeitnehmer nach der Fortbildung beim Arbeitgeber beschäftigt sein muss, um die aufgelaufenen Kosten nicht zurückzahlen zu müssen. Die Länge der Bindungsdauer richtet sich vornehmlich nach der Dauer der Ausbildungs- bzw. Fortbildungsmaßnahme sowie der Qualität der erworbenen Qualifikation. Die Rechtsprechung hat hierzu entsprechende Grundsätze entwickelt:
- Fortbildung bis 1 Monat = Bindungsfrist bis 6 Monate
- Fortbildung bis 2 Monate = Bindungsfrist bis 1 Jahr
- Fortbildung 3-4 Monate = Bindungsfrist bis 2 Jahre,
- Fortbildung 6-12 Monate = Bindungsfrist bis 3 Jahre
- Fortbildung mehr als 24 Monate = Bindungsfrist bis fünf Jahre
Anzurechnen sind nur Zeiten der tatsächlichen Fortbildung, während derer der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nicht zur Verfügung stellen konnte. Ausnahmen gelten, wenn eine relativ hohe Qualifikation in relativ kurzer Ausbildungszeit, welche womöglich auch noch hohe Kosten verursacht hat, erlangt wird. Hierzu gibt es Rechtsprechung, die besagt, dass auch eine zweimonatige Fortbildung eine dreijährige Bindungsfrist rechtfertigen kann, da ein sehr hoher Qualifikationsgrad erreicht wurde.
3. Rückzahlungsgrund
Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer stellt in der Regel den notwendigen Rückzahlungsgrund dar. Zusammenfassend ist es so, dass bei Gründen, welche aus der Sphäre des Arbeitnehmers, stammen ein Rückzahlungsgrund besteht. Bei Gründen aus der Sphäre des Arbeitgebers hingegen nicht. Es ist jedoch immer eine einzelfallbezogene Abwägung durchzuführen. Hierzu gibt es eine Vielzahl von Rechtsprechung zu einer Vielzahl von Einzelfällen. Entscheidend ist, dass in der Fortbildungsvereinbarung immer festgelegt werden muss, in welchem Fall die Rückzahlung zu erfolgen hat. Ist dies nicht der Fall, ist die Rückzahlungsklausel unwirksam.
4. Das AGB-rechtliche Transparenzgebot
Das im BGB normierte Transparenzgebot sieht vor, dass der Arbeitnehmer schon bei Abschluss der Vereinbarung ganz genau wissen muss, was auf ihn zukommt. Dies muss nicht unbedingt schriftlich festgehalten werden, es empfiehlt sich jedoch schon aus Beweiszwecken, eine schriftliche Vereinbarung zu treffen. Allgemein gehaltene Klauseln sind unwirksam. Es müssen sowohl die reinen Fortbildungskosten, als auch die Nebenkosten, wie Fahrtkosten und Tagessätze für Verpflegung und Übernachtung aufgeführt werden, damit der Arbeitnehmer weiß, in welcher Höhe Rückzahlungsverpflichtungen auf ihn zukommen. Die Vereinbarung muss also im besten Sinne transparent sein.
5. Rückzahlungsmodalitäten
In den Rückzahlungsmodalitäten muss klar festgelegt sein, in welcher Höhe die Rückzahlung zu erfolgen hat. Je länger der Arbeitnehmer nach der Fortbildung beschäftigt ist, desto geringer hat die Rückzahlungsverpflichtung auszufallen. Es bietet sich an, hier eine monatliche Reduzierung vorzunehmen. D.h. bei einer zwölfmonatigen Bindungsfrist wird mit Ablauf eines jeden Monats der Rückzahlungsbetrag um ein Zwölftel gekürzt. Jährliche Berechnungen der Rückzahlungsverpflichtung stoßen in der Rechtsprechung auf teilweise Kritik. Dass entsprechende Vereinbarungen unwirksam seien, hat das Bundesarbeitsgericht jedoch bisher nicht bestätigt.
Rechtsfolgen
Welche Rechtsfolgen haben unwirksame Vereinbarungen? Ist die Rückzahlungsvereinbarung, unwirksam, fällt die Rückzahlungsverpflichtung des Arbeitnehmers vollständig weg. Eine sogenannte geltungserhaltende Reduktion findet nicht statt. Das Bundesarbeitsgericht begründet dies damit, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen den Arbeitnehmer (Verbraucher) umfänglich und transparent informieren sollen. Würde man bei falschen Klauseln eine Reduktion durchführen und einen Teil der Klausel bestehen lassen, würde dies zu erheblichen Unsicherheiten führen und das Transparenzgebot zu einem Papiertiger machen.
Ergänzende Vertragsauslegung
Besteht die Möglichkeit der ergänzenden Vertragsauslegung, falls eine Klausel unwirksam ist? Nur in ganz wenigen Ausnahmefällen, z.B. wenn der Arbeitnehmer außergewöhnlich große Vorteile erlangt, kann eine zu lange Bindungsfrist in eine angemessene umgedeutet werden. Insofern sollten sich Arbeitgeber immer ganz genau an die von der Rechtsprechung entwickelten und oben dargestellten Grundsätze halten, um nicht das Risiko tragen zu müssen, auf den Fortbildungskosten sitzen zu bleiben.