Vorsicht beim Chatten Kündigung wegen WhatsApp Chat
Außerordentliche Kündigung wegen ehrverletzender Äußerungen in WhatsApp-Gruppe
In dem vorliegenden Fall klagte ein Arbeitnehmer gegen seinen Arbeitgeber auf Feststellung der Unwirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung sowie auf Zahlung von Annahmeverzugslohnansprüchen. Der Kläger hatte in einer privaten WhatsApp-Gruppe ehrverletzende und beleidigende Äußerungen über Kollegen und den Arbeitgeber gemacht. Die Beklagte erfuhr von diesen Äußerungen und kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos.
Der Kläger war seit dem 01.07.2004 bei der Beklagten, einem Luftverkehrsunternehmen, beschäftigt und zuletzt als Gruppenleiter technische Logistik tätig. Im Zuge einer Restrukturierung sollte sein Arbeitsverhältnis eigentlich zum 30.09.2021 enden und er sollte ab dem 01.10.2021 in ein Anstellungsverhältnis mit der G.GmbH eintreten. Die Kündigung erfolgte jedoch bereits am 28.07.2021 nach Bekanntwerden der Chat-Äußerungen.
Fristlose Kündigung gem. § 626 I BGB
Das Gericht stützte seine Entscheidung auf § 626 Abs. 1 BGB, der die außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund regelt. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Zudem wurde geprüft, ob die Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und der Interessen beider Vertragsteile verhältnismäßig war.
Das Gericht bejaht schwerwiegende Pflichtverletzung
Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die Äußerungen des Klägers im WhatsApp-Chat eine schwerwiegende Pflichtverletzung darstellen. Die Vertraulichkeitserwartung des Klägers war nicht berechtigt, da die Gruppe nicht ausschließlich aus nahestehenden Personen bestand und der Kläger nicht davon ausgehen konnte, dass seine Äußerungen vertraulich blieben. Die Gruppe bestand aus langjährigen Kollegen und Freunden, jedoch war ein Mitglied, das die Gruppe verlassen hatte und später wieder beitrat, nicht mehr bei der Beklagten beschäftigt.
Die Äußerungen des Klägers waren rassistischer, sexistischer und gewaltverherrlichender Natur. Beispielsweise äußerte er sich abfällig über Kolleginnen und Kollegen und rief zu Gewalt gegen diese auf. Das Gericht stellte fest, dass solche Äußerungen eine erhebliche Pflichtverletzung darstellen, die eine fristlose Kündigung rechtfertigt. Eine vorherige Abmahnung war nicht erforderlich, da die Schwere der Pflichtverletzung eine solche Maßnahme unzumutbar machte.
Interessenabwägung gem. § 626 I BGB
Die Interessenabwägung nach § 626 Abs. 1 BGB prüft, ob eine mildere Reaktion als eine fristlose Kündigung, wie etwa eine Abmahnung oder eine fristgerechte Kündigung, zumutbar ist. Normalerweise ist eine Abmahnung Voraussetzung für eine Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung. Eine Ausnahme besteht, wenn bereits im Vorfeld erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung auch nach einer Abmahnung nicht zu erwarten ist oder wenn die Pflichtverletzung so schwerwiegend ist, dass eine einmalige Hinnahme für den Arbeitgeber unzumutbar wäre.
Im vorliegenden Fall war die Pflichtverletzung des Klägers so gravierend, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für die Beklagte unzumutbar war. Der Kläger hatte sich in einer privaten Chatgruppe in sexistischer, gewaltverherrlichender und menschenverachtender Weise über Kollegen und die Beklagte geäußert. Obwohl der Kläger bestritt, dass seine Äußerungen bestimmte Kolleginnen betrafen, konnte er nicht glaubhaft machen, dass diese nicht gemeint waren. Die Beklagte musste solche Äußerungen nicht hinnehmen, da sie eine erhebliche Pflichtverletzung darstellten, die eine fristlose Kündigung rechtfertigte.
Fazit
Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 30.09.2024 zeigt, dass ehrverletzende Äußerungen in privaten Chatgruppen arbeitsrechtliche Konsequenzen haben können und eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen können, wenn die Vertraulichkeitserwartung nicht berechtigt ist und die Äußerungen eine schwerwiegende Pflichtverletzung darstellen. Täter können sich nicht immer auf Vertraulichkeit berufen und Opfer sollten sich ggf. an ihren Arbeitgeber wenden, um solchen Anfeindungen nicht länger ausgesetzt sein zu müssen.